Bildung ist essentiell. Hinter dieser Aussage stehen wir mittlerweile alle. Sie ist wichtig für berufliches Fortkommen, einen hohen sozialen Status, unsere Zufriedenheit. Bei manchen ist sogar die Message, dass Bildung ein Verhinderer von Krankheit ist, angekommen. Was hingegen noch Wenige wissen: Bildung beugt Demenz vor.
Demenz. Ein Thema, das gerne totgeschwiegen wird, das stigmatisiert ist, über das man nur hinter vorgehaltener Hand flüstert. Ein unabwendbares Schicksal, das aus heiterem Himmel in die Jahre gekommene Personen trifft. Weltweit sind mittlerweile 55 Millionen Menschen davon betroffen. Diese Zahl verdoppelt sich alle 20 Jahre, 2050 werden 150 Millionen Menschen irgendeine Art von Demenz haben. Diese Entwicklung betrifft nicht nur die Erkrankten, ihre Angehörigen, ihre Freunde. Auch der volkswirtschaftliche Schaden - 1 Trillion Dollar pro Jahr - ist beträchtlich. Obwohl in einigen Ländern durch Verbesserung von Bildung, Ernährung, Krankenversorgung und Lebensstiländerungen das Auftreten von Demenz pro Altersgruppe sinkt, wird das durch die insgesamt steigende Lebenserwartung kompensiert.
In genau diesem Satz steckt auch schon die Lösung des Problems: Bildung. Ernährung. Krankenversorgung. Lebensstiländerungen. In einer 2020 erschienenen Metastudiei werden zwölf Risikofaktoren für Demenz festgemacht: Neben Faktoren, die außerhalb unseres persönlichen Einflussbereichs liegen, wie Luftverschmutzung oder mangelhafter Bildung, gibt es Lebensstilfaktoren, die wir durchaus in der Hand haben. Dazu zählen Rauchen, körperliche Inaktivität und exzessiver Alkoholkonsum und die daraus resultierenden Erkrankungen, wie Adipositas, Diabetes und Bluthochdruck. Weiters werden noch Hörbeeinträchtigung, Kopfverletzungen, fehlende Sozialkontakte und Depression genannt, die wir teilweise moderieren können. Diese zwölf Risikofaktoren sind - je nach Quelle - verantwortlich für 40 bis 60 Prozent der weltweiten Demenzfälle.
Interessant ist, dass verschiedene Risikofaktoren in unterschiedlichen Lebensphasen besonders relevant sind. Im mittleren Alter ist es beispielsweise die Hörbeeinträchtigung, im hohen Alter Rauchen, soziale Isolation und Depression. Und in jungen Jahren? Sie werden es schon geahnt haben: Die Bildung.
Das ist insofern auch nicht weiter verwunderlich, als die meisten "Autobahnen" im Gehirn in diesem Alter angelegt werden und sich hier auch die Zeitfenster für den Erwerb der wichtigsten Fähigkeiten und Fertigkeiten öffnen.
Erfreulicherweise ist auch später nicht alles verloren: Sport hilft in jedem Lebensalter nicht nur bei der Durchblutung des Gehirns, sondern auch bei der Bildung neuer Nervenzellen und bei deren Vernetzung. Indirekt schützt Bewegung durch ihren Einfluss auf Adipositas, Diabetes und kardiovaskuläre Risiken. In einer dänischen Studie wurden 191 Frauen, die im Durchschnitt 50 Jahre alt waren, über 44 Jahre begleitet: Demenz trat bei 32 Prozent der Inaktiven, bei 25 Prozent der Mittelaktiven, aber nur bei fünf Prozent der Hochaktiven auf. Am effektivsten war dabei aerobe Aktivität.ii
Auch Lehren und Lernen und das Pflegen von Sozialkontakten hält unser Gehirn jung. Neben dem "Trainingseffekt" schützt die soziale Einbindung: Die Entzündungsreaktion auf soziale Isolation entspricht der von physischer Inaktivität in der Jugend. Im Alter ist ihre Auswirkung auf den Bluthochdruck schlimmer als beispielsweise die von Diabetes.
Und natürlich zählt die richtige Ernährung. Dazu braucht es nicht unbedingt die Myriade an Wundermitteln, die man aus Werbung, Drogeriemärkten und Apotheken kennt: Empfohlen wird die mediterrane und auch die nordische Ernährungsweise. Gut sind viel Obst und Gemüse, Hülsenfrüchte, Nüsse, Getreide, wenig Fisch und natürlich Olivenöl. Von gesättigten Fetten, die sich in vielen Fertigprodukten, Gebäck und Knabbereien finden und auch von Fleisch wird abgeraten. Besonders effektiv wirkt die Ernährung als indirekter Schutzfaktor durch die Senkung der kardiovaskulären Risiken.
Neben diesen tagtäglichen Maßnahmen gibt es noch ein paar Kennzahlen, nach denen man sich richten kann: Der systolische Blutdruck sollte ab einem Alter von 40 Jahren unter 130 mmHg bleiben. Beim Alkoholkonsum sollte man 14 Einheiten pro Woche nicht überschreiten. Das schützt dann allerdings sogar mehr als totale Abstinenz: Die bringt nämlich ein Plus von 17% für die Entwicklung von Demenz. Sie brauchen zwar kein Hungerhaken zu sein, aber mehr als einen BMI von 30 sollten Sie nicht haben. Falls doch: Schon zwei Kilo weniger verbessern Aufmerksamkeit und Erinnerungsleistung. Hören Sie auf zu Rauchen- das hilft, egal wie alt Sie sind oder wie lange Sie dem Laster schon frönen. Verwenden Sie Hörhilfen: In einer Zeit wo alle Jungen und Hippen als wandelnde Cyborgs durch die Gegend laufen, braucht sich wirklich niemand mehr für den Knopf im Ohr zu schämen. Schlafen Sie genug: Laut neuesten Studien sollte es sieben Stunden sein. In diesem Fall hilft viel nicht viel: Bei mehr als sieben Stunden in Morpheus Armen steigt die Wahrscheinlichkeit für Angststörungen und Depression. Und die macht ja bekanntlich dement.
In diesem Sinne: Weitermachen mit Bildung. Weitermachen mit Sport. Und: Viel Spaß dabei!
Mag. Barbara Fisa, MPH, studierte erst Handelswissenschaften bevor sie ihre Leidenschaft für Sport, gesunde Ernährung und Entspannung zu Public Health brachte. Sie versteht sich als Vermittlerin von Wissenschaft, ist Beraterin, Keynote-Speakerin und Autorin („Raus aus der Pflegefalle“ gemeinsam mit Prof. Dr. Bachl und Dr. Biach im Springer Verlag; link.springer.com/book/10.1007/978-3-662-63396-0). Sie arbeitet an Systemen zur Förderung eines gesunden Lebensstils für Menschen nach der Pensionierung, dem „Best-Agers-Bonuspass“, und berät die Stiftung motion4Kids. Nähere Informationen unter thehealthychoice.at